Erleichterungen für Autoritäten

Anführer, Autoritäten und Herrschende (Heereskommandanten, Könige, Kaiser, Päpste, Präsidenten, Parteien, Händler, Lehrer, Vorgesetzte etc.) geraten unvermeidlich immer wieder in Situationen, die sie überfordern, denen sie weitgehend hilf- und ratlos gegenüber stehen. Denn sie haben mit anderen Menschen zu tun, denen sie kaum etwas recht machen können und die ihnen kaum etwas recht machen. In Folge dessen liegt hier gegenseitige Ungerechtigkeit vor. Überordnung/Unterordnung steht der Achtung der Menschenwürde und der menschlichen Freiheitsbedürfnisse entgegen. Sie entspricht nicht dem Grundprinzip der Gleichheit aller Menschen vor Recht und Gesetz.

Dass das so ist, liegt in der Natur der Dinge. Der Ausweg besteht darin, die Natur der Dinge, die Realitäten, zu erkennen und zu berücksichtigen. Das gelingt Anführern, Autoritäten und Herrschenden aufgrund ihrer Ausbildung und Position in der Regel nicht mit Leichtigkeit und Freude. Üblicherweise gehen sie davon aus, dass sie nur gute Arbeit leisten können, wenn es ihnen gelingt, sich gegenüber anderen durchzusetzen und sich der Unterstützung und Gefolgschaft anderer zu versichern. Doch das ist nicht einfach, weil sich etliche Angehörige der biologischen Gattung Homo sapiens nicht wie führerfixierte Rudel- und Herdentiere verhalten.

Ein grundlegendes Problem liegt darin, dass sich alle Menschen voneinander unterscheiden und während ihres Lebens auf der Erde verschiedenartige innere Verpflichtungen (Aufgaben) zu bewältigen haben. Was für mich jetzt gerade richtig ist und passt, kann für alle anderen Menschen unpassend und falsch sein. Was für diese gerade richtig ist und passt, das kann ich diesen häufig nicht leicht ansehen. Schlimmer noch: Oft wissen sie es selber nicht. Daraus ergeben sich Konflikte und mangelhafte Zufriedenheit im Miteinander. Derartiges ist auch zwischen Ehepartnern und deren Kind(ern) ganz normal. Während es im Rahmen von Überordnung/Unterordnung grundsätzlich so gut wie nie gelingt, einander gerecht zu werden, gelingt es im Rahmen von Gleichberechtigung (Partnerschaftlichkeit bzw. Kollegialität bei Achtung der Würde und Freiheit anderer in herrschaftsfreien Dialogen) wesentlich leichter.

Um angesichts dieser Schwierigkeiten weltweit das Miteinander enorm zu erleichtern, bietet sich eine darauf ausgerichtete Erziehung, Bildung und Rechtsordnung für alle Menschen auf der Erde an. Darauf soll und kann Artikel 29 (1) der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen hinwirken:

Artikel 29 Bildungsziele

(1) Die Vertragsstaaten stimmen darin überein, dass die Bildung des Kindes darauf gerichtet sein muss,
a. die Persönlichkeit, die Begabung und die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfaltung zu bringen;
b. dem Kind Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten und den in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Grundsätzen zu vermitteln;
c. dem Kind Achtung vor seinen Eltern, seiner kulturellen Identität, seiner Sprache und seinen kulturellen Werten, den nationalen Werten des Landes, in dem es lebt,- und gegebenenfalls des Landes, aus dem es stammt, sowie vor anderen Kulturen als der eigenen zu vermitteln;
d. das Kind auf ein verantwortungsbewusstes Leben in einer freien Gesellschaft im Geist der Verständigung, des Friedens, der Toleranz; der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Freundschaft zwischen allen Völkern und ethnischen, nationalen und religiösen Gruppen sowie zu Ureinwohnern vorzubereiten;
e. dem Kind Achtung vor der natürlichen Umwelt zu vermitteln.

Diese Ziele sind von extremer Bedeutung. Denn was ein Mensch im Rahmen der eigenen Erziehung, Bildung und Ausbildung zufälligerweise erfährt, lernt und sich aneignet, ist fundamental für die Art und Weise, wie er auf alles reagiert und mit allem umgeht, was sich in seinem Leben ereignet, was ihm begegnet:

Es ist die Basis

1. der eigenen Beziehung zu sich selbst und zur Umwelt, der eigenen Einstellungen und Bewertungen, des eigenen Geschmacks: Was hält man für richtig oder falsch, für gut oder schlecht, für schön oder hässlich, für gesund oder ungesund, für zumutbar oder unerträglich, für notwendigerweise zu tolerieren oder für unbedingt zu vermeiden?
2. der eigenen Handlungs- und Wertorientierung (Motivation),
3. der eigenen Fähigkeiten (Kompetenzen), der erworbenen Selbstdisziplin, Selbststeuerung, Selbstregulation und Selbstbestimmung,
4. des eigenen Selbstbewusstseins und der eigenen Identität, des Selbstbildes sowie
5. des eigenen Glaubens an sich selbst und andere, an Gott und die Zukunft der Welt, des Vertrauens oder Misstrauens allem gegenüber, von Verzweiflung und des Gefühls, hilflos Gegebenheiten ausgeliefert zu sein oder dass sich wunderbare Wendungen ergeben können, wenn man diesen aktiv den Weg bereitet.

Wie Menschen bislang durch ihre Erziehung, Bildung und Ausbildung geprägt wurden und werden, weist extreme Unterschiede auf. Enormer Einfluss ging dabei stets von den äußeren Umständen aus, in die sie rein zufällig hineingeboren wurden und werden. In der Unterschiedlichkeit der Menschen liegen wesentliche Ursachen dafür, dass es vielen Menschen kaum gelingt, einvernehmlich mit anderen zurecht zu kommen. An dieser Vielfalt, an der menschlichen Individualität, scheitert häufig das übliche Vorgehen von Anführern, Autoritäten und Herrschern. Ihr Scheitern kann sich in Kritik zeigen und heftige Oppositionsbewegungen gegen sie auslösen, auch kriegerische Aktionen: Rebellionen, Revolutionen und terroristische Handlungen.

Verantwortungs- und Führungsfunktionen gehören deshalb zu den eher undankbaren gesellschaftlichen Rollen. Wer eine solche Rolle innehat, der muss unendlich leistungsfähig sein. Dabei lebt er ständig in der Gefahr von existentieller Bedrohung. Kaum jemand erklärt sich gern und freiwillig dazu bereit. Deshalb dürfen derartige Rollenspieler auch eine besondere Entlohnung erwarten.

In früheren Zeiten präsentierten sich Anführer, Autoritäten und Herrscher zuweilen gott- oder papstgleich als Persönlichkeiten mit exzellenten Eigenschaften und Fähigkeiten, als allwissend und unfehlbar, als Ausführende des göttlichen Willens („Herrscher von Gottes Gnaden“) und als vorbildhaft gegenüber allen Mitmenschen. Heute erscheint derartiges Auftreten eher unglaubwürdig, denn jeder Mensch hat nachweisbar auch Schwächen, Probleme und Unvollkommenheiten. Somit wird es immer schwerer, noch als Autorität anerkannt zu werden. Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen erweist sich insbesondere das Image von politischen Repräsentanten, also das Vertrauen, das diesen entgegengebracht wird, als eher gering und abnehmend. Eindrucksvoll zeigte sich das 2016 im US-Wahlkampf zwischen Hillary Clinton und Donald Trump.

Alle bisher als Anführer, Autoritäten und Herrscher handelnden Menschen können sich leicht selbst aus dem Elenden ihrer Rolle befreien, indem sie ihre Handlungsausrichtung verändern: Sie müssen niemandem etwas recht machen, was ihnen selbst nicht als richtig erscheint. Sie müssen keine Gesetze beschließen. Sie müssen nicht die Einzelheiten des Handelns anderer Menschen regeln. Es ist keineswegs erforderlich, ja nicht einmal anstrebenswert, dass möglichst alle Menschen inhaltlich übereinstimmen und das Gleiche wollen sowie tun. Jeder Mensch kann recht problemlos seinen ganz eigenen, individuellen Weg durch sein Leben gehen, ebenso wie jeder Teilnehmer am Straßenverkehr sein ganz eigenes Ziel verfolgen kann – im Rahmen sorgfältiger Beachtung aller Verkehrszeichen und -regeln.

Die Verkehrsregelung ist vermutlich das eindrucksvollste Beispiel dafür, dass in allen Ländern der Erde die Beachtung und Einhaltung der Menschenrechte mit enormem Erfolg gelingen kann. Im Straßenverkehr ist nahezu jedem Menschen eindeutig klar, welcher Schaden für sich selbst und andere entstehen kann, wenn man sich nicht sorgfältig-gewissenhaft an die Regeln hält. Im Straßenverkehr herrscht Gleichberechtigung und Chancengleichheit für alle Teilnehmer: Mal hat man Vorfahrt, mal andere. Erforderlich sind ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. Jeder hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Das besagt § 1 StVO.

Diese Regelung funktioniert sogar in Regionen der Erde, wo Verkehrsteilnehmer rote Ampeln überfahren und Vorfahrtsregeln nicht einhalten, sich jedoch als befähigt erweisen, sich über aufmerksamen Blickkontakt und Handzeichen untereinander zu verständigen und einigen.

Anführer, Autoritäten und Herrscher können sich aus allem Inhaltlichen weitgehend heraushalten und sich darauf konzentrieren, für die konsequente Beachtung und Einhaltung der Menschenrechte in ihrem Zuständigkeitsbereich zu sorgen. Alles andere können dann die Menschen in freier Selbstbestimmung regeln. Das entspricht der Verfassung Großbritanniens, dem Konzept der Vereinten Nationen und den Gedanken, die das deutsche Grundgesetz prägen. Indem sich alle Politiker, Unternehmer und sonstigen Autoritäten darauf ausrichten, indem sie das dazu Erforderliche veranlassen und absichern, tragen sie zu weltweiter Gerechtigkeit und friedlicher Zusammenarbeit bei.

Diese Handlungsausrichtung ermöglicht konsequente militärische Abrüstung. Der bisherige militärische Verteidigungsetat kann in die Bildungsförderung fließen. Das begünstigt die kontinuierliche Senkung der Krankheits-, Sozial- und Justizausgaben. Denn gute Bildung erweist sich immer und überall als das wirkungsvollste Mittel gegen Arbeitslosigkeit, Unfähigkeit und Fehlverhalten jeglicher Art.